Die Wohnungsnot nach dem zweiten Weltkrieg  
Das Wohnen im eigenen Heim war damals in den frühen 50er Jahren genau wie heute im Jahr 2008 für die meisten Menschen ein nur schwer erreichbares Ziel. Am härtesten sind sozial Schächere und Familien mit Kindern betroffen. Während heute aber die Größe und die Ausstattung der Wohnungen doch meist akzeptabel sind sowie Bad, Dusche und Zentralheizung eine Selbstverständlichkeit darstellen, war das nach dem Krieg anders.

Statistisch gesehen lebten, ja drängten sich damals (1950) in jeder Wohnung mehr Menschen als vor dem Krieg. Die Städte waren stark zerstört, ein Drittel der Wohnungen unbewohnbar. Ein Viertel war zwar zerstört oder schwer beschädigt, wurde aber trotzdem bewohnt. Der Zuzug von Flüchtigen aus den Ostgebieten belastete die Wohnungssituation zusätzlich. Viele lebten ohne Aussicht auf eine bezahlbare bessere Wohnung.
Neues Leben aus Trümmern  
In dieser Zeit der allgemeinen Resignation und der Furcht zog Dr. Nikloaus Ehlen durch die Städte, vor allem in den Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr, und warb für die Gründung von Selbsthilfe-Siedlergemeinschaften zur Errichtung familiengerechter Heime. Wer ihn erlebt hatte, weiß, dass dieser Studienrat aus Velbert, den wir stolz »Siedlervater« nennen, es verstand, Siedlergemeinschaften regelrecht aus dem Boden zu stampfen.

Im Vertrauen darauf, dass auch irgendwann entsprechende Grundstücke beschafft werden können, begannen diese Siedlergemeinschaften zunächst mit Entrümpelungs- und Materialgewinnungsarbeiten. Zum Beispiel wurden überall tausende von Bausteinen gefertigt, oder die potentiellen Siedler durften vom Krieg zerstörte öffentliche Gebäude enttrümmern. Die gewonnen Ziegelsteine erhielten die Siedler.

In dieser Zeit der Hoffnung, des Neubeginns und Aufbruchs wurde am 20. März 1948 der Ring Deutscher Siedler (RDS) von den Selbsthilfe-Siedlergemeinschaften, die aus dem Wirken von Nikolaus Ehlen hervorgegangen waren, gegründet.

Der RDS verstand sich gegenüber anderen Interessen- oder Förderungsverbänden und Bauvereinen, als ausgesprochen politischer Verband, nämlich im Sinne der Neugestaltung von Staat und Gesellschaft vom Boden her. Nur vom Bodeneigentum her sei eine Gewähr für hinreichende Freiheit und damit echte Demokratie gegeben. Die Siedlungsarbeit stelle sich dem RDS als eine verfassungspolitische Aufgabe dar. Eigentum sollte sich nicht nur in den Händen weniger befinden. Boden sollte nicht Spekulationsobjekt sein.

Der RDS war schon in der Gründungszeit wesentlicher Verfechter des Wohnens im familiengerechten Heim und setzt sich bis heute gegen ein verdichtetes hochgeschossiges Bauen, also für menschliches Wohnen im eigenen Heim mit Garten ein.
Bauboom in den 1950ern  
Als sich nach 1950 die wirtschaftliche Situation der meisten Westdeutschen spürbar zu bessern begann, setzte der Bauboom ein, der die 50er prägte. Er wurde massiv gefördert von der öffentlichen Hand. In seinem Gefolge entstanden solche Siedlungen bzw. Kleinsiedlungen wie zum Beispiel in Bonn auf dem Venusberg, in Stübbeken, in Bochum-Harpen, in Duisburg am Werthacker, in Höhr-Grenzhausen oder verschiedentlich in Mülheim/Ruhr.
Hilfe zur Selbsthilfe im RDS  
Die Kapitaldecke der meisten Siedlerbewerber war allerdings nicht rosig, wenn nicht gleich null. Was sie einsetzen konnten, waren ihre eigene Arbeitskraft und die ihrer Angehörigen. Bis zu 6.000 Arbeitsstunden je Siedler, in der damals ohnehin schon knapp bemessenen Freizeit, das war ein hartes Opfer, es entsprach vier Jahre mit je 300 Werktagen zu je fünf Arbeitsstunden.

Die Gemeinschaften arbeiteten nach den Grundsätzen Nikolaus Ehlens. Einige dieser Grundsätze lauteten:
• Die Siedler bauen ihre Heime in Gemeinschaft, bereit, einander nicht zu verlassen bis der letzte sein Heim hat.
• Der Stärkere hilft dem Schwächeren: jeder sollte versuchen der Stärkere zu sein!
• Wir brauchen immer neue Kraft, um sie verschwenderisch an anderen Menschen weiterzugeben.

Die Gemeinschaftsselbsthilfe war die effektivste Selbsthilfe und der sicherste Weg zum eigenen Heim. Sie begann schon beim Rohbau, da dort bereits hohe Selbsthilfeleistung zu erreichen war. In Gemeinschaftsselbsthilfe konnten bis 35 % und mehr Baukosten eingespart werden. Auch bei technischen Gewerken und dem Innenausbau waren nach Fachanleitung durch konzessionierte Handwerker fast alle Arbeiten möglich.
Selbstbau als moderne Methode zum Eigenheim  
So funktionierte das reibungslos noch bis in die 1990er Jahre. Durch den Einsatz moderner Technik konnte im Laufe der Jahre auch die Bauzeit von anfänglich drei bis vier Jahren auf knapp zwei Jahre verkürzt werden.

Dennoch, die Zeiten wurden immer schnelllebiger und unsere Siedler wollten ihr Haus noch schneller beziehen. Auch die regulierte Gruppenselbsthilfe erschien nicht mehr zeitgemäß. Es musste neu nachgedacht und und neue Wege beschritten beschritten werden. Die Industrie bietet mittlerweile eine Reihe von selbstbaufreundlichen, teils vorgefertigten Materialien an, wodurch sich auch komplizierte Arbeiten von nicht fachkundigen Bauherren im Selbstbau unter Anleitung erledigen lassen.
Der politisch tätige RDS  
Nicht nur die praktische Hilfe zur Selbsthilfe war und ist Aufgabe unseres Verbandes. Unter der Prämisse »Familienheime und Eigentum brauchen Förderung und Schutz« vertritt der RDS die Interessen seiner Siedler bei Buns, Land und Kommunen. So ist bereits in den 50er Jahren die Handschrift des RDS beim II. Wohnungsbaugesetz deutlich zu erkennen.

Auszüge aus einem Text von Hermann-Josef Schmid und Dr. Ulbrich Helbach, anlässlich des 60. Jubiläums des RDS im Jahre 2008